Staatsanleihen kaufen: Vor- und Nachteile im Vergleich
Zwei Aspekte bestimmen die Diskussion über das Finanzgebaren des Staates: Den Glaube und das Vertrauen in dessen finanzielle Allmacht auf der einen Seite. Die Hoffnung auf ein solides Haushalten auf der anderen. Zwischen diesen Ansprüchen klafft nicht selten eine finanzielle Lücke, in der Sprache der Haushaltspolitiker auch Haushaltsdefizit genannt. Für ein Achtungszeichen hat im letzten Jahr der Finanzminister gesorgt, als er erstmalig seit über 40 Jahren einen ausgeglichenen Haushalt vorlegen konnte. Davor hat der Staat jedoch regelmäßig Schulden aufgenommen, um seinen Finanzbedarf zu decken und dabei einen beachtlichen Schuldenberg aufgetürmt. Wenn ein Staat frisches Geld braucht, geht der jedoch nicht, wie eine Privatperson zur nächsten Bank und nimmt einen Kredit auf, den er nach und nach abzahlt. Die Schulden eines Staates stecken in sogenannten Staatsanleihen. Staatsanleihen sind dabei nichts anders als Schuldscheine, die der Staat gegen entsprechende Geldbeträge herausgibt. Auf der anderen Seite stehen als Gläubiger, welche die Schuldscheine erwerben und damit dem Staat ihr Kapital zur Verfügung stellen. Im Prinzip ist dieser Vorgang nichts anders, als dass ein Akteur, nämlich der Staat, sich von einem zweiten Akteur, dem privaten Kapitalgeber, einen bestimmten Betrag leiht. Bezüglich der Bedingungen für diesen Austausch werden zudem einige Regeln vereinbart. Von zentraler Bedeutung sind dabei die Laufzeit sowie die Höhe der vereinbarten Zinsen, die für jedes Jahr an den Gläubiger zu zahlen sind. Anders als etwa private Darlehen, können Staatsanleihen aber auch frei an den Rentenmärkten gehandelt werden. Das heißt, der Gläubiger hat prinzipiell immer die Möglichkeit, seine Papiere zu verkaufen und somit sofort an sein Geld zu kommen und nicht erst wenn es die Laufzeit einer Staatsanleihe vorsieht. Damit sind die wichtigsten Aspekte zur Funktionsweise einer Staatsanleihe skizziert. Darüber hinaus gibt es jedoch noch eine Reihe weiterer Gesichtspunkte zu beachten: Wie kann der Privatanleger von dieser Investitionsart profitieren? Wo sind solche Papiere zu erwerben? Welche Unterschiede gibt es zu beachten und welches Risiko ist mit dem Kauf von Staatsanleihen verbunden? Diese und andere Fragen sollen in den folgenden Abschnitten geklärt werden.
Unterschiedliche Formen von Staatsanleihen
Staatsanleihen sind Schuldverschreibungen des Staates, das wurde bereits im ersten Abschnitt geklärt. Doch damit ist das Thema noch lange nicht erschöpft. Denn auch bei Staatsanleihen gibt es, ähnlich wie bei Aktien oder anderen Finanzprodukten eine breite Auswahl und unterschiedliche Angebote. Das beginnt bei der Frage, wer eigentlich Staatsanleihen herausgibt. Neben dem bereits erwähnten deutschen Staat, geben auch fast alle anderen Staaten in der Welt regelmäßig Anleihen heraus, um Geld am Kapitalmarkt einzusammeln. Dagegen ist zumindest zum jetzigen Zeitpunkt die Europäische Union noch nicht dazu berechtigt, eigene Anleihen zu begeben. Neben den Nationalstaaten sind es aber auch die untergeordneten Verwaltungseinheiten, welche eigenen Anleihen herausgeben können. In Deutschland sind das die Bundesländer, allerdings spricht man hier im strengen Sinne nicht mehr von Staatsanleihen. Auch staatliche Banken, wie etwa die KfW geben eigene Anleihen heraus, die vom Sicherheitsniveau durchaus mit Staatsanleihen gleichgesetzt werden können und darüber hinaus einen leichten Renditevorsprung gegenüber Staatsanleihen des Bundes besitzen. Nachteil ist hingegen, dass sie schwerer am freien Markt zu verkaufen sind. Auch in anderen Ländern sind untergeordnete staatliche Verwaltungsebenen zur Herausgabe von Anleihen berechtigt. In den USA können Bundesstaaten und auch Kommunen sogenannte „Municipal Bonds“ herausgeben. Diese Varianten können jedoch in nicht mit den sicheren Anleihen auf Landesebene in Deutschland verglichen werden. Darüber hinaus gibt es auch in Bezug auf den jeweiligen Emittenten, also den konkreten Herausgeber der Anleihen, unterschiedliche Formen und Varianten. In Bezug auf den Bund als Anleiheemittent heißt dies etwa, dass zwischen acht verschiedenen Arten von Bundeswertpapieren gewählt werden kann. Auch innerhalb dieser Anlagemöglichkeiten gibt es noch einmal Unterschiede in Bezug auf die Laufzeit der Anleihen. Die geläufigste Form und damit der Klassiker unter den Staatsanleihen ist dabei die Bundesanleihe, die es mit einer Laufzeit von 10 Jahren oder 30 Jahren gibt. Daneben gibt es sogenannte inflationsindexierte Bundeswertpapiere, Bundesobligationen, Bundesschatzanweisungen oder auch Tagesanleihen. Ohne auf die Besonderheiten jedes einzelnen Produktes einzugehen, folgen Staatsanleihen und deren Herausgabe durch den Staat dabei immer einem festen Prinzip. Dabei werden durch den Staat in regelmäßigen Abständen Staatsanleihen am Kapitalmarkt angeboten. Das liegt daran, dass ebenfalls regelmäßig alte Staatsanleihen auslaufen, d.h. Gelder an die Gläubiger zurückgezahlt werden müssen. Um diese Gläubiger auszuzahlen muss der Staat in der Regel eine neue Anleihe herausgeben. Es gibt also einen relativ kontinuierlichen Finanzierungsbedarf. Für eine geplante Anleihe wird im Vorhinein ein bestimmter Zinssatz, der sogenannte Zinskupon festgelegt. Dabei handelt es sich um einen festen Zins, der auf diesen einen Schuldschein regelmäßig an dessen Besitzer gezahlt werden muss. Für die Festlegung dieses Zinskupons orientiert sich der Herausgeber im Übrigen an der sogenannten Umlaufrendite, die das aktuelle Zinsniveau wiedergibt. Die Umlaufrendite selber wird anhand der aktuell im Umlauf befindlichen Wertpapiere von Bund und Land errechnet. Denn auch wenn mit dem Zinskupon ein fester und während der Laufzeit unveränderbarer Zins festgelegt ist, kann sich die tatsächliche Rendite einer Staatsanleihe durchaus verändern und schwanken. Dies liegt daran, dass die entsprechenden Papiere nach der Emission am Kapitalmarkt frei gehandelt werden können. Damit ist zumeist auch eine Veränderung des Preises verbunden, der für eine Staatsanleihe gezahlt werden muss. Aus dem Zusammenspiel von Anleihemarktpreis und festem Zinskupon ergibt sich dann ein aktueller Marktzins. Wenn also eine Anleihe im Wert von 100 Euro mit einem Zinskupon von einem Prozent herausgegeben wird, liegt das Zinsniveau bei einem Prozent. Sinkt der Preis für eine Anleihe nach Herausgabe um zwei Euro, wird als für 98 Euro an der Börse erworben, steigt damit automatisch die Rendite von 1 auf 1,02 Prozent, da der Zins nach wie vor auf den Nominalwert, also den Ausgabepreis bezogen wird. Die Schwankungsbreite entsprechender Papiere ist dabei aber über die Laufzeit gesehen eher gering. In vielen Fällen fällt der Kurs nach der Emission und nähert sich in der Regel mit dem Näherrücken des Laufzeitendes wieder seinem Nominalwert an. Ebenfalls kann der Anleger davon ausgehen, dass am Ende der Laufzeit auch der nominale Betrag wieder ausgezahlt wird, in unserem Fall also 100 Euro. In letzter Zeit kam es aber auch immer wieder vor, dass gerade bei deutschen Staatsanleihen der Marktpreis den Nominalwert überstieg und damit das Zinsniveau drückte. Steigt der Marktpreis einer Anleihe etwa um zwei Euro, fällt die Rendite auf 0,98 Prozent.
Neben dem deutschen Staat finanzieren sich, wie gesagt, auch fast alle anderen Staaten über die Herausgabe von Staatsanleihen. Dabei gibt es durchaus Unterschiede. In den Medien wurden in den letzten Jahren vor allem die Fälle der Anleihen von Pleitestaaten wie etwa Argentinien bekannt. Doch auch in Europa waren die Staatsanleihen von krisengeschüttelten Staaten wie Griechenland oder Spanien zeitweise ein Dauerthema in den Medien. Denn anders, als vielerorts vermutet, gibt es auch bei den eigentlich als sicher geltenden Staatspapieren ein mitunter massives Ausfallrisiko. Neben einer echten Staatspleite kann auch ein sogenannter Schuldenschnitt, in Finanzkreisen auch „Haircut“ genannt, dafür sorgen, dass dem Anleger nichts mehr oder nur einen Teil des ursprünglichen Wertes der Anleihe nach deren Auslaufen ausgezahlt wird. Auch bei Staatsanleihen gibt es daher durchaus die Möglichkeit eines Totalverlustes. Eine drohende Zahlungsunfähigkeit eines Emittenten wirkt sich dabei unmittelbar auf das Preisniveau einer Anleihe aus. Im Falle der griechischen Anleihen fielen die Preise zeitweise auf derartig niedrige Niveaus, dass Renditen von 20 Prozent und mehr möglich waren. Im entgegengesetzten Fall ist es aber auch durchaus möglich, dass die tatsächlichen Renditen in den negativen Bereich rutschen. Dies ist der Fall, wenn die Anleger derart stark in Staatspapiere drängen, dass aufgrund der hohen Nachfrage auch Anleihen mit einem Zinskupon von null oder sogar darunter herausgegeben werden können und Abnehmer finden.
Gerade mit Blick auf Staatsanleihen von wirtschaftlich unsicheren Herausgebern können sich diese Papiere auch zu ausgemachten Spekulationsobjekten entwickeln. Im Falle der Griechenlandrettung konnte man dabei im Sommer 2015 als Anleger mit Staatsanleihen darauf wetten, ob die Verhandlungen über ein weiteres Rettungspaket scheitern oder nicht. Ein Scheitern hätte wohl einen zumindest teilweisen Zahlungsausfall von Griechenland bedeutet und Anlegern in Staatspapieren enorme Abschläge beschert. Dies soll jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass Staatsanleihen im Grunde zu den solidesten und sichersten Anlagemöglichkeiten gehören, zumindest wenn sie von Emittenten mit hoher bzw. höchster Bonität kommen. Hierzu zählen neben Deutschland auch die skandinavischen Länder, die Schweiz, Luxemburg aber auch Kanada und die USA.
Grundsätzlich werden Staatsanleihen auch nach ihrer Laufzeit kategorisiert. Dabei wird zwischen kurz-, mittel- und langfristigen Anlagen unterschieden. Dabei sind Laufzeiten von einem Jahr bis zu 30 Jahre und auch darüber hinaus möglich. In der Regel bieten langlaufende Anleihen einen höheren Zins als kurze.
Für wen eignen sich Staatsanleihen als Anlage und was gibt es zu beachten
Anders als Aktien zählen Staatsanleihen grundsätzlich zu den Anlagemöglichkeiten mit einem sehr geringen Risiko. Zumindest wenn diese von Ländern mit einer hohen Bonität herausgegeben werden. Daher eignet sich diese Form der Finanzanlage grundsätzlich für Anleger mit einem hohen Sicherheitsbedürfnis. Gerade bei Staatsanleihen des Bundes waren die Renditen aber in letzter Zeit so niedrig, dass das Geld bei ähnlicher Sicherheit auch auf dem Tages- oder Festgeldkonto der Bank gelagert werden konnte. Das Risiko eines Zahlungsausfalls des Bundes kann derzeit als sehr gering angesehen werden. Im Falle von Bankeinlagen ist das Geld durch die gemeinsame deutsche Einlagesicherung bis zu einem Betrag von 100.000 Euro geschützt. In dieser Summe liegt ein Grund, warum größere Anleger auf Staatsanleihen zurückgreifen, auch wenn die Renditen mehr als bescheiden oder gar negativ sind. Bei Beträgen über 100.000 Euro ist die Sicherung der Einlage bei Banken im Falle einer Insolvenz des Instituts nicht mehr vollständig geschützt, daher spricht das Sicherheitsargument bei höheren Beträgen eher für Staatsanleihen. Für Privatanleger, welche nicht in der Situation sind, sich über die Anlage von mehr als 100.000 Euro den Kopf zerbrechen zu müssen gibt es zumindest in einer Situation niedriger Renditen auf Staatsanleihen wenig Gründe, in diese Form zu investieren. Unternehmensanleihen von großen Dax – Unternehmen bieten bei vertretbarer Sicherheit mit drei bis fünf Prozent deutlich höhere Renditen. Doch auch im Bereich von Staatsanleihen sind für den Anleger bessere Renditen drin, wenn der Anleger etwas über den Tellerrand hinausschaut. Sowohl deutsche Bundesländer, als auch Staaten im europäischen Ausland bieten durchaus akzeptable Renditen. Zu nennen sind Länder wie Frankreich oder Spanien, wo durchaus Zinskupons von zwei bis drei Prozent drin sind. Bei diesen Ländern werden die Anleihen in Euro herausgeben, das heißt, der Anleger muss kein Währungsrisiko einkalkulieren.
Anders sieht das bei Anleihen von Staaten außerhalb der Europäischen Union aus. Da Staatsanleihen in der Regel in der entsprechenden Landeswährung herausgegeben werden, hängen sowohl die regelmäßige Rendite als auch der Wert nach der Rückzahlung unmittelbar mit der Entwicklung der Landeswährung zusammen. Viele Länder geben aber auch Anleihen in Fremdwährung, in der Regel im US Dollar heraus, was im Vergleich mit völlig unkalkulierbaren Währungen immer noch eine gewisse Sicherheit bietet. Doch auch im Verhältnis von US-Dollar zu Euro sind im Laufe der Jahre deutliche Wertschwankungen nicht auszuschließen bzw. eher zu erwarten. Auf der anderen Seite heißt dies, dass bei einer Investition in eine Staatsanleihe außerhalb Europas auch Chancen auf satte Währungsgewinne bestehen, die durchaus in einem Bereich von 20 bis 30 Prozent liegen können. Wenn, wie aktuell eine langfristige Abwertung des Euros gegenüber dem US-Dollar erwartet wird, kann sich eine Investition in eine US Staatsanleihe durchaus als aussichtsreiche Investition erweisen. Mit einem aktuellen Zinsniveau von knapp 3Prozent für die 30ig jährige Anleihe sind diese Papiere derzeit deutlich attraktiver als Bundesanleihen. Bei einer langfristigen Aufwertung des US Dollars gegenüber dem Euro würde die Rendite sowie der Wert des Anteilsscheines an sich ebenfalls gegenüber dem Euro verteuern und dem Besitzer einen zusätzlichen Gewinn bescheren. Erfüllen sich die Hoffnungen auf eine Stärkung des US Dollars dagegen nicht, sind entsprechende Verluste möglich.
Rein technisch benötigt der Anleger für den Kauf von Staatsanleihen nicht mehr als ein Wertpapierdepot bei einer Bank. Bei Kauf der Staatsanleihen ist darüber hinaus auf die Stückelung zu achten. Zumeist werden Staatsanleihen nicht unter 1.000 Euro je Schein herausgegeben. Aber auch Preise die deutlich darüber liegen sind nicht unüblich. Für kleinere Beträge ist diese Möglichkeit also absolut ungeeignet. Alternativ kann auch Anleihefonds investiert werden.
Fazit – Staatsanleihen sowohl als sichere Bank als auch als Spekulationsobjekt
Staatsanleihen können grundsätzlich weiterhin als die sichere Bank im Depot angesehen werden – das Ausfallrisiko bei Anleihen des Bundes kann vernachlässigt werden und mit dem der deutschen Banken gleichgesetzt werden, die ja durch die Einlagesicherung geschützt sind. Auch ein Kursrisiko braucht der Anleger prinzipiell nicht zu fürchten, da er sein Vermögen nach Ablauf der Laufzeit vollständig ausgezahlt bekommt. In Zeiten niedriger Renditen ist aber zu überlegen, ob das Geld auf dem Tagesgeldkonto nicht besser aufgehoben ist solange das Zinsniveau identisch ist.
Abseits von deutschen Staatsanleihen stehen aber auch Anleihen mit deutlich attraktiveren Renditen zur Auswahl. Auch solche Anleihen bieten ein geringes Ausfallrisiko. Doch auch Anleger, welche spekulativen Investitionsmöglichkeiten aufgeschlossen gegenüber stehen, sind im Bereich der Anleihen nicht völlig falsch: Im Falle von Anleihen die in fremden Währungen herausgegeben werden, kann auf die Entwicklung von Wechselkursen spekuliert werden. Als hochspekulativ können darüber hinaus akut vom Ausfall bedrohte Anleihen angesehen werden, wie es zuletzt im Fall von Griechenland zu beobachten war. Für den sicherheitsbewussten Anleger stellen derartige Investitionsmöglichkeiten aber wohl eher keine realistische Option dar.