Bedeutung und Funktion von Stopp-Loss, Take-Profit und Margin-Call
Von außen betrachtet scheint im Handel an der Börse alles nach einem ziemlich einfachen Prinzip zu verlaufen: Man sucht sich einen Wert oder ein Finanzprodukt aus, kauft dieses und legt es sich in sein Depot, kassiert regelmäßig Dividende und nach ein paar Jahren verkauft man den Titel wieder mit einem satten Gewinn. Wenn auch ein Großteil der Anleger sich an diesem Muster orientieren dürfte, stellt dieses Muster nur einen Idealtypus dar, dessen Gelingen von einigen Randbedingungen abhängig ist. Zunächst darf man nicht grundsätzlich davon ausgehen, dass es bei Aktien stets und ständig nach oben geht. Neben dem Zeitpunkt des richtigen Einstieges in einen bestimmten Wert hängt die erhoffte positive Entwicklung auch von einer Reihe weiterer Randbedingungen ab, die der Anleger, zumindest vollständig, kaum vorhersehen kann. Hierzu gehören zinspolitische Entscheidungen von nationalen Notenbanken, welche mitunter deutliche Auswirkungen auf die Aktienmärkte haben. Daneben können negative Unternehmensmeldungen einen Kursrutsch einer ganzen Branche auslösen. Der klassische Fall ist eine plötzliche Gewinnwarnung. Dabei handelt es sich um die Meldung eines Unternehmens, dass die angepeilten Ziele in Bezug auf den Gewinn wohl nicht erreicht werden können. Da von Unternehmen herausgegebenen Prognosen aber in der Regel bereits in den aktuellen Kursen enthalten sind, folgt auf eine solche Gewinnwarnung häufig ein deutlicher Rücksetzer im Kurs des Unternehmens. Hinzu kommt, dass eine solche Meldung häufig bei anderen Unternehmen aus der gleichen Branche Kursverluste auslöst. Veröffentlicht also VW eine Gewinnwarnung, fallen häufig auch bei BMW und Daimler-Benz die Kurse. Auch politische Ereignisse, kriegerische Auseinandersetzungen oder sonstige weltpolitische Ereignisse haben durchaus unmittelbaren Einfluss auf die Börsen. Um diesen Zusammenhang zu erkennen, braucht man nicht bis zu den Anschlägen vom 11. September 2001 zurückzugehen. Auch vergleichsweise kleinere Ereignisse können sich auf die Kursentwicklungen ganzer Handelssegmente auswirken. Die genannten Beispiele sollen vor allem vor Augen führen, dass man als Akteur an der Börse praktisch nie vor unerwarteten Ereignissen und dadurch ausgelösten Kursentwicklungen sicher sein kann.
Für den Umgang mit diesen Unsicherheiten stehen verschiedenen Strategien zur Verfügung. Die einfachste Variante lautet, gar nichts zu tun. Das klingt zunächst einmal paradox. Doch wer das langfristige Auf und Ab an den Börsen über die letzten Jahrzehnte verfolgt hat, erkennt schnell, dass über eine langfristige Perspektive auch massive Verluste, wie etwa nach den Terroraschlägen vom 11. September oder im Zuge langanhaltender konjunkturelle Wirtschaftskrisen letztendlich immer wieder ausgeglichen wurden und die Notierungen von Aktien bzw. Indizes auch bald wieder zu neuen Höhenflügen ansetzten. Gleichwohl setzt eine solche Strategie neben einer gehörigen Portion Optimismus und Nervenstärke auch eine breite Streuung des eingesetzten Kapitals voraus, um sich nicht der Entwicklung einzelner Werte auszuliefern. Denn auch wenn sich der Markt in der Breite nach Krisen und Rückschlägen immer wieder aufgerappelt hat, gilt dies nicht unbedingt für einzelne Werte. Neben dieser „Kaufen und schlafen gehen“ Strategie gibt es aber auch noch eine Reihe weitere Möglichkeiten, sich als Kleinanleger gegen unerwartete Kursrückschläge zu wappnen, das Verlustrisiko im eigenen Depot zu minimieren und darüber hinaus die Rendite zu verbessern. Die Kenntnisse über wirtschaftliche Zusammenhänge gehören ganz sicher dazu. Doch auch wenn es sicherlich niemals schadet, die wirtschaftliche und politische Gesamtlage aufmerksam über Presse, Funk und Fernsehen zu verfolgen, wird es nicht immer gelingen, rechtzeitig und angemessen auf entsprechende Veränderungen zu reagieren. Doch auch gegen die Folgen völlig unvorhergesehener Ereignisse kann man sich als Kleinanleger absichern. Die entsprechenden Instrumente lauten Stop Loss, Take Profit oder im Handel mit Derivaten Margin Call. Mit dem richtigen Einsatz dieser Instrumente kann sich der Marktteilnehmer nicht nur gegen unerwartete Kursrücksetzer und damit verbundene Verluste absichern, sondern auch im Gegenteil, Kursgewinne absichern. Für den Handel mit Derivaten, also auf bestimmten Einzelwerten basierenden Finanzprodukten wie etwa Optionen oder CFDs, gibt es außerdem das Instrument des Margin Call, um eine ungewollte Auflösung der Position sowie den dadurch drohenden Verlust des Handelseinsatzes zu vermeiden. In den hier folgenden Abschnitten soll die Funktionsweise dieser Instrumente dargestellt werden. Darüber hinaus sollen einige Hinweise über den richtigen Einsatz folgen.
Instrumente der Profis auch für Privatanlege interessant
Zunächst zu den Begrifflichkeiten. Für Anleger mit wenig Erfahrung wirken die Begriffe wie Stop Loss oder Take Profit möglichweise auf den ersten Blick verwirrend und abschreckend. Tatsächlich haben die dahinter stehenden Instrumente ihren Ursprung in der hochprofessionalisierten Welt des Börsenhandels. Doch seit vielen Jahren ist es auch Kleinanlegern möglich, diese Instrumente ganz selbstverständlich einzusetzen. Die Funktionsweise ist zudem recht simpel und für jedermann leicht nachzuvollziehen. Ganz allgemein spricht der Händler bei den genannten Instrumenten von sogenannten Orderzusätzen, also technischen Anweisungen, die an eine bestimmte Position bzw. einen bestimmten Auftrag geknüpft sind.
Verluste minimieren durch Stop Loss
Zunächst zur Wirkungsweise eines Stop Loss, bzw. einer Stop Loss-Order: Im Grund ist dieser Orderzusatz eines der effektivsten Mittel, mit der sich der Anleger vor unerwarteten Kursverlusten schützen kann. Er ist nichts anderes als ein Verkaufsauftrag für eine bestimmte Position, die ab einem bestimmten Kurs ausgelöst wird. Eine solche Stop Loss-Order sollte prinzipiell bei keiner Position im eigenen Aktiendepot fehlen und bereits beim Kauf einer Aktie eingestellt werden. Kommt es nach dem Kauf der Aktie irgendeinmal zu einem unerwarteten Kursrückgang, wird die Position bei dem in der Stop Loss-Order angegebenen Stop-Kurs verkauft. Gerade bei jungen Positionen, die noch nicht lange im Depot sind und sich dementsprechend kaum entwickelt haben, kann ein so ausgelöster Verkauf durchaus wehtun, verhindert im schlimmsten Fall aber weitere und weitaus deutlichere Verluste. Hintergrund dieser Vorgehensweise ist, dass Kursausschläge, sowohl nach unten also auch nach oben häufig zwar irrational und damit übertrieben ausfallen und sich normalerweise auch wieder erholen können. Häufig stehen hinter einem starken Kursverlust aber auch eindeutige fundamental begründete Fakten und der plötzliche Rückgang ist der Anfang einer langen Talfahrt. Da der Anleger nicht ohne weiteres erkennen kann, um welcher Art des Kursrückgangs es sich wirklich handelt, geht er mit einer Stop Loss Order auf Nummer sicher.
Vor dem Hintergrund der mitunter nur bedingt nachvollziehbaren Kursentwicklung stellt das richtige setzten eines Verkaufslimits eine anspruchsvolle Aufgabe dar. Besonders ärgerlich ist es nämlich, wenn der Stop Kurs nur kurz erreicht, der Kauf dadurch ausgelöst wurde und die Aktie danach kontinuierlich steigt. Ein zu mutig gesetzter Stop Loss-Kurs zieht logischerweise deutlichere Verluste nach sich. Auch wenn ein solcher Fall nie vollständig auszuschließen ist, lassen sich solche Szenarien minimieren, in dem der Stop Loss-Kurs klug gewählt wird.
Um den passenden Stop Loss-Kurs zu bestimmen sind mehrere Faktoren ausschlaggebend. Zu diesen Faktoren gehören unter anderem die Schwankungsbreite eines einzelnen Titels sowie die Berücksichtigung des entsprechenden Marktsegments, welches ebenfalls durch spezifische Schwankungsbreiten gekennzeichnet ist. Entscheidend ist natürlich auch die individuelle Risikoneigung. Auch die technische Analyse kann wichtige Anhaltspunkte für einen optimalen Stop Loss-Limits bieten. Häufig zeigen sich bei der Analyse eines Charts sogenannte Widerstände, an denen der Kurs in der Vergangenheit immer wieder abgeprallt ist. Ein solcher Widerstand stellt also ein bestimmtes Kursniveau dar, welches die Aktie nicht so ohne weiteres unterschreitet. Hier kann es angebracht sein, das Limit knapp unterhalb eines solchen Widerstandes zu platzieren, da der Fall eines solchen Widerstandes häufig weitere Kursrückgänge nach sich zieht. Nachteil einer solchen Strategie kann natürlich sein, dass sich auch viele andere Händler an einer solchen virtuellen Widerstandslinie orientieren und im Zweifelsfall kein Käufer zum gesetzten Stop Loss-Kurs gefunden wird und dadurch weitere Abschläge hingenommen werden müssen. Auch die aktuelle Verfassung des Marktes sollte für die richtige Wahl des Stop-Limits einbezogen werden. Häufig gibt es Phasen, in denen die Märkte und damit auch einzelne Werte hochgradig volatil reagieren, das heißt, zu sehr starken und unvermittelten Kursauschlägen, sowohl nach oben als auch nach unten neigen. Gerade in solchen nervösen Marktphasen ohne eindeutige Richtung, sollte das Limit eher großzügiger gesetzt werden. Auch wenn es keine allgemeingültigen Regeln für den optimalen Abstand des Stop Loss-Kurses zum aktuellen Kurs gibt, sollten sich Anleger an einer Spannbreite von etwa 10 bis 20 Prozent orientieren. Weniger ratsam ist es erfahrungsgemäß, den Stoppkurs sofort genau auf den Einstandspreis zu setzen um jegliche Kursverluste auszuschließen, da so die Wahrscheinlichkeit eines ungewollten Verkaufes aufgrund eines nur minimalen Kursrückgangs sehr hoch ist. Und ein Verkauf zum Einstandspreis stellt angesichts der Gebühren faktisch ebenfalls einen Verlust dar. Wichtig ist es darüber hinaus, das Limit für die Stop Loss-Order regelmäßig einem steigenden Kursverlauf anzupassen und das Limit nachzuziehen. Hier gelten im Prinzip die gleichen Regeln wie dem erstmaligen Setzen des Limits.
Darüber hinaus sollten Anleger immer im Hinterkopf behalten, dass eine eingestellte Stop Loss-Order keine absolute Garantie bedeutet, den Titel zum gewünschten Kurs zu verkaufen. Denn eine Verkaufsorder kann zwar ausgelöst werden, benötigt jedoch für die Ausführung zwingend einen Abnehmer zum angegebenen Preis. Unter Umständen liegt der erzielte Preis daher noch einmal etwas unter dem angegebenen Limit. Stop Loss-Order werden in der Regeln mit dem Zusatz „bestens“ eingestellt, was nichts anderes bedeutet, als dass die Position zum aktuell verfügbaren Preis veräußert wird. In der Regel heißt dies, dass ein weiterer, wenn auch leichter Kursabschlag eingeplant werden sollte. Insbesondere bei Werten mit sehr geringen Umsätzen steigt das Risiko, dass zum angegebenen Preis Limit kein Käufer gefunden wird. Bei umsatzstarken Titeln, zu denen auch alle Aktien aus dem Dax oder anderen wichtigen Indizes gehören, sind derartige Probleme allerdings eher unwahrscheinlich.
Gewinne sichern durch Take-Profit
Das Gegenstück zur Stop Loss-Order lautet Takt-Profit. Während im ersten Fall die Begrenzung von Verlusten im Vordergrund steht, geht es beim Orderzusatz „Take-Profit“ darum, Gewinne zu realisieren. Ebenso wie bei der Festlegung des richtigen Ausstiegsniveaus durch Stop Loss ist auch bei der Take-Profit-Order Fingerspitzengefühl und Weitsicht gefragt. Im Prinzip legt der Anleger ein bestimmtes Kursniveau fest, bei dem er aus einer bestimmten Position aussteigen möchte, die Aktie also verkauft. Auch wenn die Realisierung eines Gewinnes grundsätzlich nicht verkehrt sein kann, gibt es durchaus Fehler, die im Endeffekt auf die Rendite schlagen. Hierzu gehört unter anderen, eine intakten Aufwärtstrend nicht zu erkennen, bzw. diesen nicht auszureizen und somit einen Teil der möglichen Rendite zu verschenken. Im Grunde erscheint eine Take-Profit Order vor allem bei kurzfristig orientierten Handelsstrategien oder bei besonders volatilen Märkten sinnvoll, wenn nämlich der Anleger keinen langanhaltenden Aufwärtstrend erwartet sondern vielmehr von einer breiten Schwankung des Wertes ausgeht.
Für längerfristig orientierte Anleger erscheint es aus dieser Sicht sinnvoller, auch zur Sicherung von Gewinnen mit flexiblen Stop Loss-Kursen sogenannten Trailing-Stops zu arbeiten welche sich automatisch der Kursentwicklung anpassen. Im Falle eines plötzlichen Rückgangs werden dann ebenfalls die Kursgewinne realisiert.
Im Prinzip können die beiden hier beschriebenen Instrumente nicht nur beim Handel mit Aktienpapieren Verwendung finden, sondern können ebenso gut im Handel mit Investmentfonds, Rohstoffen und dem Handel mit Währungen im sogenannten Forex Markt eingesetzt werden.
Margin Call bei spekulativen Finanzmarktgeschäften
Einen besonderen Fall stellen Derivate dar, also hochspekulative Finanzprodukte, deren Entwicklung vom Kurs eines Basiswertes abhängt. Hierzu gehören etwa Terminkontrakte, Binären Optionen oder CFDs. Zum Teil handelt es sich dabei ebenfalls um handelbare Papiere, die an der Börse im Prinzip genau wie Aktien gekauft und verkauft werden. In diesem Fall kann mit den genannten Instrumenten Stop Loss und Take-Profit gearbeitet werden, auch wenn aufgrund deutlich volatilerer Kursverläufe hier andere Maßstäbe gelten als bei Aktien.
Im Falle von CFDs handelt es sich jedoch nicht um Wertpapiere im eigentlichen Sinne mit einem eigenen Kurswert, sondern um sogenannte gehebelte Finanzprodukte, bei denen der Anleger im Falle eines richtig vorhergesagten Kursverlaufes von einem Vielfachen der tatsächlichen Kursentwicklung profitieren kann. Grund hierfür ist der sogenannte Kredithebel, also geborgtes Kapital, welches für die Finanzwette eingesetzt wird. Je größer das eingesetzte Fremdkapital, desto höher sind die Gewinnchancen. Einerseits. Andererseits steigt das Risiko von Verlusten deutlich an. Über den Totalverlust, also den Verlust des eigenen Einsatzes, besteht auch die Möglichkeit, dass bestimmte Geschäfte nachschusspflichtig werden. Dabei spricht man von einem sogenannten Margin-Call. Die Margin stellt dabei die durch den Anleger geleistete Sicherheitszahlung dar, die auf einem sogenannten Margin-Konto hinterlegt wird. Eine solche Margin wird praktisch bei jedem Geschäft mit derivaten Finanzprodukten durch den Broker verlangt, da sich dieser so gegen die Verluste des Anlegers abzusichern versucht. Aus dieser Margin wird im Falle einer für den Anleger ungünstigen Kursentwicklung der anfallende Verlust beglichen. Bei besonders riskanten Geschäften mit massiven Hebeln kann es dabei auch vorkommen, dass der Saldo des Margin-Kontos unter ein bestimmtes Niveau fällt, und die sogenannte Erhaltungsmarge unterschreitet. In einem solchen Fall wird der Anleger aufgefordert, den entstandenen Saldo auszugleichen und eine entsprechende Summe nachzuzahlen dafür kann Position aber vorerst im Depot bleiben und muss nicht vorzeitig aufgelöst werden. Die Position wird glatt gestellt, wie es in der Börsensprache heißt. Allerdings handelt es sich bei diesem Instrument um ein zweischneidiges Schwert, bei dem im schlimmsten Fall exorbitante Nachschusspflichten drohen. Auch ist es für den Anleger im Falle von CFDs möglich und anzuraten, mit entsprechenden Stops zu arbeiten, um das persönliche Verlustrisiko einzugrenzen. Hierzu sollten sich Anleger in jedem Fall gesondert und ausführlich informieren.
Fazit: Stop-Loss sollte immer gesetzt werden
Auch wenn die Welt der Börse mit ihren zum Teil verwirrend wirkenden Begriffen für viele undurchsichtig erscheint, lohnt es sich durchaus, sich mit diesen Begriffen und den dahinter stehenden Instrumenten zu beschäftigen. Viele dieser Instrumente beruhen letztendlich auf einem einfachen Prinzip, welches, wenn man es einmal richtig verstanden hat und geschickt einsetzt, dazu beiträgt, die eigene Strategie im Anlageverhalten an der Börse abzusichern und zu unterstützen. Dabei kommt es, wie so häufig, auch auf eine gewisse Erfahrung im Umgang mit diesen Instrumenten an. Um diese zu entwickeln sei neben verschiedenen Erfahrungsberichten und Analystenkommentaren auch auf Demokontos verwiesen, an Hand derer die Wirkungsweise verschiedener Instrumente getestet werden kann, ohne zunächst ins finanzielle Risiko gehen zu müssen.