Depotübertrag: Portfolio nach Brokerwechsel übertragen
Auch wenn Kontinuität im Bereich des Börsenhandels sehr wichtig ist, kann es immer mal wieder dazu kommen, dass der Anbieter des Wertpapierdepots gewechselt wird. Die Gründe hierfür können unterschiedlich sein. In den meisten Fällen wird sich der Inhaber zum Wechsel seines Depots entschließen, weil er beim neuen Institut bessere Bedingungen erwartet. Sei es, weil die Gebühren niedriger sind, sei es, weil sich seine Ansprüche oder seine Aktivitätsmuster verändert haben oder aber weil er seine Aktivitäten unter dem Dach eines Hauses bündeln will. Auch attraktive Einsteigerboni können ein wichtiger Grund sein, ein neues Depot zu eröffnen und das alte Depot zu kündigen. In jedem dieser genannten Fälle ist ein Depotwechsel notwendig, bei dem die Positionen des alten Depots auf das neue übertragen werden müssen. Auch wenn dies im Grunde einen alltäglichen Vorgang darstellt, der für die Institute normale Routine sein sollte, gibt es für den Anleger ein paar Dinge zu beachten. Neben der korrekten Abwicklung der formalen Kündigung sowie der Eröffnung eines neuen Depots sollte der Anleger vor allem darauf achten, dass der Depotübertrag fehlerfrei durchgeführt wird.
Worauf bei einem ordnungsgemäß durchgeführten Depotwechsel und dem dazu gehörenden Depotübertrag darüber hinaus zu achten ist, warum einzelne Maßnahmen notwendig sind und welche Möglichkeit der Anleger dabei hat, soll in diesem Artikel erklärt werden.
Hintergrund und gesetzliche Bedingungen
Angenommen, man hat sich dazu entschlossen, seinen Broker und damit das Depot zu wechseln und der Anbieter des alten sowie des neuen Depots weigern sich zu kooperieren. In der Folge müsste man alle Positionen des alten Depots verkaufen, sich den Erlös auszahlen lassen und, sofern man die gleiche Zusammensetzungen des Depots wünscht, die gleichen Positionen im neuen Depot wieder eröffnen. Dies hätte gleich mehrere Nachteile. Zunächst würden für den eigentlich unnötigen Kauf und Verkauf der Wertpapiere jeweils Gebühren anfallen, die man sich bei einem Übertrag der Werte sparen würde. Dazu kommen steuerliche Verpflichtungen, da die sogenannte Abgeltungssteuer beim Verkauf eines Wertpapiers fällig wird. Außerdem würde man ein unnötiges Risiko eingehen, da nicht auszuschließen ist, dass sich die Kurse in der Zeit des Übertrages bewegen.
Grundsätzlich steht es zwar jedem Frei, den Depotwechsel wie beschrieben durchzuführen, angesichts der beschriebenen Nachteile sei aber dazu geraten, bei einem geplanten Depotübertrag auf die Zusammenarbeit der beteiligten Institute zu setzen. In den allermeisten Fällen übernehmen diese sogar einen Großteil der erforderlichen Bürokratie. Darüber hinaus werden in vielen Fällen auch eventuell anfallende Gebühren übernommen. Um sich über den konkreten Ablauf des Depotwechsels sowie des damit verbundenen Übertrags zu informieren, sollte man sich vorab mit dem Kundendienst des bzw. der Anbieter in Verbindung setzen. Dort sollte man alle notwendigen Auskünfte über den geplanten Vorgang erhalten.
Da es sich bei Wertpapieren heutzutage in der Regel um rein elektronische Buchungen handelt, ist ein tatsächlicher physischer Austausch zwischen den Institutionen nicht notwendig. Es müssen also keine Aktienpapiere von einer Bank zur anderen überführt werden. Für die im Depot gebuchten Wertpapiere gibt es sogenannte Globalurkunden, die bei zentralen Instituten, sogenannten Zentralverwahrern hinterlegt sind. In Deutschland übernimmt seit einigen Jahren das Unternehmen Clearstream diese Aufgabe, nachdem die staatlichen Behörden diese Funktion vor einiger Zeit abgegeben hatten. Die gesetzliche Grundlage für den Depotübertrag bildet übrigens das Depotgesetz. Der Anleger kann also auf einen hohen Grad an Rechtssicherheit für den Vorgang vertrauen.
Eine weitere steuerrechtliche Regelung, welche zumindest indirekt für die Durchführung eines Wechsels nebst Übertrag relevant ist, ist die Abgeltungssteuer. Das liegt daran, dass für die Errechnung der fälligen Abgeltungssteuer die Kurse zum Tag des Kaufes und des Verkaufes entscheidend herangezogen werden. Damit die Höhe dieser Steuern korrekt berechnet werden kann, müssen Einstandspreis und Einstandstag der jeweiligen Position auch im neuen Depot erhalten bleiben, bzw. in dieses übertragen werden, um im Falle eines späteren Verkaufes die Höhe der zu zahlenden Abgeltungssteuern korrekt ermitteln zu können. Neben der Berechnung des tatsächlich erzielten Kursgewinnes sind diese Informationen im Übrigen auch für den entgegengesetzten Fall eines Kursverlustes von Bedeutung. Echte Kursverluste, das heißt durch Wertpapierverkäufe tatsächlich realisierte Verluste können steuermindernd geltend gemacht werden. Auch hierfür ist die korrekte Information über Einstiegs- und Ausstandspreis erforderlich.
In diesem Zusammenhang ist eine weitere gesetzliche Besonderheit zu beachten, die zur Geltung kommt, wenn das Depot nicht nur die Bank wechselt, sondern auch auf eine andere Person übertragen wird. Die oben beschriebene Vorgehensweise gilt nämlich nur, wenn der Inhaber des Depots vor und nach dem Wechsel identisch bleibt. Wird das Depot jedoch auf eine andere Person, etwa den nicht verheirateten Lebenspartner oder an ein Kind, übertragen, gilt der Wechsel steuerrechtlich als Verkauf, woraus sich die Verpflichtung zur Zahlung der Abgeltungssteuer ergeben würde. Um diese zu vermeiden, müssen neuer und alter Depotinhaber gegenüber der Bank angeben, der Übertrag sei „ohne Zahlung“ erfolgt. In diesem Fall erklärt sich der neue Inhaber bereit, die Steuerpflichten des alten Inhabers zu übernehmen. Erfolgt diese Erklärung gegenüber dem Institut nicht, ist die Bank verpflichtet, den Vorgang an die Steuerbehörden zu melden, was entsprechende Zahlungsverpflichtungen für den Altinhaber auslösen würde.
Depotinhaber sollten darüber hinaus wissen, dass für den eigentlichen Depotübertrag keine eigenen Gebühren durch die Institute verlangt werden dürfen. Allerdings ist das Institut welches das alte, nun gekündigte Depot verwaltet hat, dazu berechtigt, sogenannte Fremdgebühren weiterzureichen. Dies kann etwa bei Gebühren für die Zentralverwahrung der Fall sein. Zumeist werden diese Gebühren jedoch vom neuen Depotanbieter übernommen. Um hier Klarheit zu erlangen, sollte der Anleger seinen alten Betreiber um eine schriftliche Auskunft über die entstehenden Kosten bitten. Diese Auskunft kann dann sogleich beim neuen Anbieter eingereicht werden, mit der Bitte diese Kosten zu übernehmen.
Ablauf des Depotwechsels und des Depotübertrags in der Praxis
Auch wenn das Ausfüllen der angeforderten Formulare für Kündigung des alten und Eröffnung des neuen Depots nicht mehr als eine halbe Stunde dauern sollte, ist für den kompletten Wechsel des Depots deutlich mehr Zeit einzuplanen. Zu unterscheiden sind dabei zwei Phasen: Zunächst muss das neue Depot ordnungsgemäß eröffnet werden. Neben der Angabe der wichtigsten persönlichen Informationen ist hierbei vor allem der Nachweis der Identität des Depotinhabers entscheidend. Dieser Vorgang ist im sogenannten Geldwäschegesetz zwingend vorgeschrieben und unterscheidet sich mitunter von Institut zu Institut Traditionell wird dieser Vorgang durch Vorlage des Personalausweise bzw. des Reisepasses in der Filiale erledigt. Viele Direktbanken und Online-Broker verfügen jedoch über keinerlei Filialsystem, so dass zumeist auf das sogenannte Post-Ident Verfahren zurückgegriffen wird. Dabei weist der Anleger, der ein neues Depot eröffnen möchte, seine Identität gegenüber einem Mitarbeiter der Deutschen Post in einer lokalen Filiale nach. Einige Institute kommen der Nachweispflicht auch dadurch nach, indem sie sich eine Kopie des Personaldokuments zuschicken lassen. Auch wenn viele Anbieter damit werben, dass der Anmeldvorgang nur wenige Minuten in Anspruch nimmt, sollte der Anleger für den gesamten Vorgang einige Arbeitstage einplanen. Erfahrungsgemäß kann allein die Eröffnung des Depots zwischen 5 und 10 Arbeitstagen dauern. Für den eigentlichen Übertrag des Depots ist noch einmal mit bis zu 10 Arbeitstagen zu rechnen. Für den gesamten Vorgang kann also gut und gerne bis zu einem Monat ins Land gehen. Beachten sollten dabei die Anleger, dass während der zweiten Phase des Übertrages ein Handel mit Wertpapieren nicht möglich ist, da auf keines der Depots mehr zugegriffen werden kann. Gerade bei spekulativ ausgerichteten Tradern mit entsprechenden Positionen im Depot kann dies zum Problem werden, da man in der Zeit des Übertrages eben nicht auf Kursveränderungen reagieren kann. Hier ist dringend zu empfehlen, entsprechende unsichere Positionen aufzulösen. Auch Orderzusätze verlieren in der Regel während des Depotübertrages ihre Gültigkeit und werden normalerweise auch nicht vom neuen Anbieter übernommen. Auch hier sollten Anleger vor dem Wechsel in ihrem Depot unbedingt „klar Schiff“ machen, um nach dem Wechsel nicht von unliebsamen Überraschungen geweckt zu werden. Zu überlegen ist vor diesem Hintergrund auch, ob der Wechsel nicht in eine Phase gelegt werden kann, in der ohnehin kaum gehandelt wird, etwa einen länger geplanten Urlaub.
Und auch wenn der Wechsel formal abgeschlossen ist und man regulären Zugang zum neuen Depot hat, gilt es noch einige wichtige Dinge zu beachten. Hierzu gehört natürlich der Vorgang, zu überprüfen, ob wirklich alle Positionen richtig gebucht wurden. Durchaus kann es durch Fehler in der Kommunikation zwischen den Instituten zu Problemen kommen. Ebenso wichtig ist es aber, die Frage zu klären, ob die Einstandspreis richtig übertragen wurden. Neben den bereits erläuterten steuerlichen Gesichtspunkten ist diese Vorgang auch wichtig, um die jeweilige Performance der eigenen Positionen realistisch beurteilen zu können. Für jedes Wertpapier sollte also der tatsächliche Einstandspreis sowie der damalige Kurswert hinterlegt sein. Im optimalen Fall wurden diese Angaben vom ursprünglichen Depot übernommen. Die Erfahrung zeigt allerdings, dass es auch hier immer wieder zu Übertragungsfehlern kommen kann oder die Übertragung gleich ganz ausgeblieben ist. Um dies zu überprüfen, ist der Anleger in jedem Fall gezwungen, jede einzelne Position seines Depots durchzugehen. Die tatsächlichen Werte über Datum und Höhe des Einstandspreises finden sich in den Unterlagen des alten Anbieters. Es empfiehlt sich, diese Unterlagen vor dem Wechsel zu sichten und gegebenenfalls neu anzufordern. Ist die Geschäftsbeziehungen zum alten Anbieter einmal rechtswirksam gekündigt, gibt es für diesen keine Pflicht mehr zur Zusammenarbeit und man ist auf dessen Kulanz angewiesen.
Liegen die Angaben über die originalen Einstandspreise vor, sollten für jede Positionen die Angaben abgeglichen und gegebenenfalls händisch korrigiert werden. Hierfür stellen die Depotanbieter eigene Eingabemasken zur Verfügung. Da dieser Vorgang für die weitere Führung des Depots entscheidend ist, sollte man auch nicht zögern, den Kundendienst in Anspruch zu nehmen, sollte es bei der Korrektur der Einstandspreise zu Problemen kommen.
Fazit: genug Zeit für den Übertrag einplanen
Auch wenn der Depotwechsel auf dem Papier recht einfach und unkompliziert aussieht, sollten wechselwillige Anleger den Aufwand nicht unterschätzen. Vor allem zeitlich kann sich ein solcher Vorgang durchaus hinziehen und bis zu einem Monat in Anspruch nehmen. Da ein Handel in dieser Phase nicht durchgängig möglich ist, sollten auch vor dem eigentlichen Wechsel entsprechende Vorbereitungen getroffen werden. Hierzu zählt auch, entsprechende Informationen über die Einstandspreis zu überprüfen und eventuell einzuholen. Gleichwohl sind die Unterschiede bei Service, Bonusangeboten und Konditionen mitunter so lukrativ, dass man sich von dem zu erwartenden Aufwand nicht von einem Wechsel abschrecken lassen sollte.